Knapp 3000 Fans beim Wilwarin-Festival
Golden leuchtet sie durch das Grün, die Maisonne, Vorbote jedweder Festival-Fröhlichkeit. "Wilwarin" ist elbisch, bedeutet in der Übersetzung "Schmetterling", und man braucht einfach nur der hervorragenden Beschilderung zu folgen, um zum gleichnamigen Festival zu gelangen, welches an seinen zwei Tagen knapp dreitausend Besucher anlockte. Angekommen, fegt ein Windstoß den Eingangstresen hinfort, die Zeltplane fällt zusammen, Flaschen gehen zu Bruch und Heavy Metal Fans im Wagen hinter einem hupen und pöbeln. Auf dem Gelände selbst dann Entspannung, die Freunde sind schnell gefunden, die Wagenburg errichtet. Mischungen aus Rum und Kirschcola machen die Runde, erstes Pflichtprogramm am Sonnabend natürlich die Rockaway Beach Boys.
Bei der Bühne dann Ramones-Sound, doch keine Band, dafür eine Staubwolke wie von einer Büffelherde. Und dann sieht man sie doch durch die Partikelbank, jene vier Kieler Recken, die im Angedenken an eine der größten Punkrock-Acts aller Zeiten eine Ramones-Coverband gründeten. Bassist David Pape ist extra aus seiner Wahlheimat Spanien für den Gig angereist, und da sich die Rockaway Beach Boys konsequent weigern, auf der Hauptbühne aufzutreten, hat man halt davor sein Equipment aufgebaut und pusht das Volk zum Pogotanzen. Danach gibt es Bier und Pizza. Im Gegensatz zum Vorjahr sind es weitaus weniger kulinarische Anlaufstationen, dafür ein Merchandising-Tisch und natürlich der längste Tresen der Welt.
Auch in diesem Jahr hebt sich das Wilwarin-Festival hervor durch liebevolle Aufmachung und hervorragende Organisation. Und ganz nebenbei spielen an zwei Tagen ganze zweiundzwanzig internationale Bands, darunter die amerikanische Hardcore-Legende Sick Of It All. Als Conferencier führt Bonehouse-Sänger Philipp Wolter mit unnachahmlicher Intonation durch den Reigen, der vor allem durch Punkrock und Artverwandtes bestimmt wird.
Da kommt die Twang Gang gerade richtig, bietet mit ihrer selbstironischen Country / Bluegrass-Mischung Abwechslung. Und während man Bob Dylans Man of constant Sorrow zuschande reitet, kann der müde Festivalbesucher am nahe gelegenen Feuer neue Kräfte sammeln. Auf der Hauptbühne lärmen derweilen die Traceelords mit einer Mischung aus Glam und Rock'n'Roll, was nicht jedem zusagt. Auf vermehrte Buh-Bekundung machen die Traceelords aus der Not eine Tugend, covern Motörhead und ziehen damit den Joker, der ihr Spiel gewinnen lässt.
Als Sick Of It All als letzte Band des Sonnabends dann losbrettern, ist in den Reihen kein Halten mehr. Sick Of It All haben während ihrer gesamten Existenz seit den Endachtzigern immer wieder durch spektakuläre Shows auf sich aufmerksam gemacht und beweisen auch auf dem Wilwarin-Festival ihre Klasse. Spätestens dann ist auch der Tageskartenpreis von zwanzig Euro vergessen, der zunächst recht hoch erscheint, doch bedenkt man, wie katastrophal unter Wert sich im Verhältnis das Künstlergenre der Rockmusik ohnehin schon behaupten muss, geht der Schein völlig in Ordnung. Die Bühne strahlt im Scheinwerferlicht, das geschmiedete Wilwarin-Maskottchen wacht über allem.
Neben dem stimmigen Programm, steht dieses regionale Festival natürlich auch für ein fortwährendes "Hallo" diverser Bekannter und Freunde, ist Tummelplatz und Spielwiese, nicht nur für die Kleinen, welche sich tagsüber mit der Hüpfburg verlustierten. Fazit: Ein tolles, friedvolles Wochenende, großes Lob an die Veranstalter, welche wieder für reibungslose Abläufe und Betreuung gesorgt haben. Man freut sich auf nächstes Jahr.
Von Carsten Purfürst