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Festivalberichte

 

Dremufuestias vom Juni 2005, erster Teil - zweiter Teil

Teil I

"Warum kann nicht jedes Wochenende Wilwarin sein?"

 

Besucher im Gästebuch v. www.wilwarin.de

 

Berichte aus dem Pit

Laut dieser Nedstatbasic haben wir ja auch Leser/Innen in China (weiß der Geier warum?), daher sag ich es hier noch mal: WAS FÜR EIN WETTER! Bei den höchsten Maitemperaturen seit über 80 Jahren (und an die werden sich trotz generationenübergreifendem Publikum wohl nur die wenigsten Wilwarin-Besucher/Innen erinnern...) ging mit der achten Inkarnation des Wilwarin-Open Airs eine ausgelassene Party-Sause in Ellerdorf ab. Das Wetter und auch die Teilnahme von SICK OF IT ALL waren sicher mit der Grund, dass es dieses Jahr wesentlich besser besucht war als z.B. im Vorjahr (und vielleicht am besten überhaupt?). Oder es hat sich einfach rumgesprochen, dass das Wilwarin-Open Ar einfach ein sehr liebevoll organisiertes Festival ist, auf dem man musikalisch eine bunte Mischung findet, sich im flotten Wechsel von internationalen, nationalen & lokalen Bands beglücken lassen kann. Und dann noch die Lage mitten zwischen Wäldern und Feldern - einfach optimal!

 

Ruckzuck waren unsere Zelte aufgebaut, die Buxen strammgezogen und schon ging es auch vor die Bühne um mit ABGELEHNT die erste Band zu sehen. ABGELEHNT waren gut drauf und gefielen mir besser als bei ihrem Release-Gig in der Pumpe. Kein Wunder, war der Sound doch auch heute viel feister und die Befürchtung der Band, es würden sich zu diesem frühen Beginn nur drei Leute einfinden, war auch nicht eingetreten. Nö, mindestens der Teil des Publikums, welcher Deutschpunk etwas abgewinnen kann, hatte sich aufgerafft und trotzte der Hitze. Zu den altbekannten Klopfern wie "Punk Rock Zeit", "Das war schon immer so" oder "Du bist nicht mein Freund" gesellten sich auch neuere Werke. Mit "Steh auf!" verbinde ich zwar schmerzvolle Erinnerungen, das Ding ging aber trotzdem gut runter und dann gab es ja auch NOCH EIN neues Liebeslied. "Ich kann auch nichts dafür, ich bin halt so oft verliebt!" versuchte Sänger Schnacki diese eklatante Häufung an Songs dieser Thematik im ABGELEHNTschen Repertoire zu rechtfertigen. So wird dat aber nix mit "Schlachtrufe BRD Teil 666", do!

 

Zwischendurch mal runterschlendern zur Tresenbühne, dachte ich mir und griff ein paar Titel der Lo Land Rocker von THE CORONAS ab. Zuerst war ich doch etwas irritiert, meinte ich doch im Programm doch was von "lateinamerikanischen Klängen" gesehen zu haben, was so gar nicht passte. Wieder mal nicht richtig hingeguckt, denn diese Beschreibung stand zwar im Heftschä, galt aber Radio Musica Imensa. Wie auch immer, es fiel jedenfalls auf, dass der überdachte Bereich vorm Tresen ein schön kompaktes Klangbild aufwies. Die Band rockte sich durch ein recht eigenwilliges Set so psychedelisch angehauchten Rock'n'Rolls und freute sich über das feierwütige Volk, welches bereits mit einigen Songs vertraut war und nach einem Song mit dem Titel "So high again" oder so verlangte. Ganz sicher ein Anti-Drogen-Lied, schön schön, da sind wir beruhigt, dass unsere Jugend sich nicht illegalen Substanzen hingibt...

 

Spätestens jetzt war das eigene mitgebrachte Bier (schlauerweise im Zelt abgestellt) absolut ungenießbar (und meine Toleranzgrenze in Bezug auf warmes & schales Bier ist schon recht hoch, wie einige Schnorrer unangenehmerweise am eigenen Leib erfahren mussten, hä hä), aber umso besser schmeckte es am Tresen. WAX ON WAX OFF sind auch ein Garant dafür, dass 'nen Humpen nicht zu lange in der Hand verweilt. Immer für einige grenzdebile Sprüche und eingängige MeloPunksongs gut, die Jungs. So grüßten sie alle diejenigen, "die mal zum Restefischen ins Böll gehen" (na, na...), zogen über den Weihnachtsmann her ("Santa Is A Pervert"...), coverten NERF HERDER und - gerade als der fellow Metalhead neben mir unwillig ob der "leichten" Ironie in Bezug auf Metaloutfits wurde - spielten eine Hommage an MOTÖRHEAD ("It's alright, it's alright - we're gonna see Lemmy and the boys tonight"). Sehr unterhaltsam, auch wenn die Mucke für meinen Geschmack ein paar mehr Ecken und Kanten vertragen könnte.

 

So langsam wurde es Zeit für eine kleine Grillung und so entweihte ich kurzerhand den noch jungfräulichen Fleischgrill meiner Zeltnachbarn mit ein paar Veggiesteaks und Tofuwürstchen (diese Dinger von Sky, ganz lecker eigentlich). Der Mob war jetzt überall schon gut in Fahrt, erste Alkleichen zäumten bereits dekorativ die Wegesränder, ein festivaltypischer Lärm-Mischmasch aus allen möglichen Musikstilen erhob sich, so'n Trecker mit aufgeschnallten Boxen drehte seine Runden und hatte bei jeder Umkreisung mehr grölende und bierdosenschwingende Beifahrer/Innen an Bord und die Temperaturen sanken auch so langsam. Nun hatte ich offenbar etwas Gutes verpasst, schwärmten doch nicht wenige vom Auftritt der BAYWATCHERS. Doch zu meinem Glück sollten diese später noch mal spielen!

 

Erst mal aber gab es mit NECK Irish Folk zu hören. Eine nette Festivaluntermalung war das. Das Publikum schwang nun in größeren Stile die Hüften. Klar, dieses lebensfrohe Gedudel aus Fiedeln , Banjos, Dudelsäcken und Stromgitarren war auch durchaus nicht zu verachten. Für ein Open Air dieser Art perfekt um die Leute in Schwung zu bekommen.

 

Fast hätte ich sie wieder verpasst, doch man zerrte mich schließlich doch zu den BAYWATCHERS (blöder Name...). Und das war dann DIE musikalische Sensation des ersten Tages für mich. Voll mitreißender Instrumental-Surfpunk mit RICHTIG viel Elan! Der Sound war so mächtig, dass ich sofort in den Bann gezogen wurde und gar nicht genug bekommen konnte. Der Typ an der Klampfe schredderte sich aber auch einen ab - da hätte Dick Dale schon schwer das Schlucken gekriegt... Und dann der Bass, ho ho ho! Die Band war richtig angetan, wie sie vom Publikum abgefeiert wurden, hatte sie doch mal vor nur einer Handvoll Nasen in der Schaubude gezockt. Die dürfen gerne wiederkommen, diese Dänen & Berliner!

 

Man wird es mir verzeihen oder auch nicht, aber BETAGARRI hauten mich danach gar nicht um. Klar, der Sänger war sehr agil, schoss scharf gegen die Staatsmacht im Baskenland und vergaß auch nicht die Meierei zu erwähnen. Interessant auch, dass auf "Euskara" gesungen wurde, die verbotene baskische Sprache. Alles gut, nur die Musik war für mich belangloser Ska, wie man ihn auf Festivals viel zu oft hört. Ich bin aber auch kein Experte in Sachen Ska, eigentlich finde ich nur SKA-P und NO RESPECT richtig gut, aber die machen ja auch Ska-PUNK mit ganz anderen Roots. Andere mögen kompetenter in etwaigen Kommentaren darüber schreiben bzw. etwas ergänzen, unten ist noch Platz...

 

Kryptisch mutete die Beschreibung "trashige Kostümierung der im Schnitt zu 75% weiblichen Sängerinnen" an, aber als die SIN CITY CIRCUS LADIES die Bühne betraten, fiel mir erstens ein, dass ich die schon mal auf einem Berliner Straßenfest (Kreutziger Str. olé!) gesehen hatte und zweitens auf, dass eine Sängerin und ein "Transvestit" an den Mikros standen (also in der Tat zu 75% weiblich). Ansonsten hatte man mit dem Ex-JINGO DE LUNCH-Gitarristen Tom (auch EXTRABREIT und KUMPELBASIS) und dem Drummer Steve von TERRORGRUPPE ein paar bekannte Gesichter am Start. Hm, leider muss ich aber schon wieder sagen, dass auch diese Band mich nicht so wirklich erreichte (was bin ich doch für 'ne ignorante Sau). Weiß auch nicht, irgendwie kickte diese Mischung aus Rock'n'Roll, Rockabilly, Blues und Punk im 60ies-Gewand bei mir nicht richtig. Allerdings fand ich die ausgesprochen kraftvolle und soulige Röhre von Sänger/in Shambhu Leroux ansprechend genug, um mir den Gig schon ganz angucken und kurzweilig war es ja auch, denn die Band legte es klar drauf an, eine dreckige, erotische Show zu bieten. Oder wie jemand sagte: "Jede Menge Eyeliner, Tätowierungen, Netzstrümpfe und Rock 'n' Roll!". Wenn sich das Zwei-Meter-Monster Shambhu zugeklatscht mit Tattoos und Schminke breitbeinig und mit den in die Hüften gestemmten Fäusten vor dem Mob aufbaut, ist das schon ein Anblick... Auf jeden Fall wird man noch von denen hören, denke ich.

 

Tscha, ein Phänomen des Wilwarin-Festivals ist es, dass man ständig Leute trifft. Leute, die man schon ewig nicht mehr gesehen hat oder mit denen man nicht gerechnet hat und natürlich auch den üblichen Mob. Da wusste man kaum, mit wem man am meisten reden wollte. Halt, stimmt nicht, ich wusste es eigentlich schon. Im Grunde war die Zeit nach den Konzerten für mich die schönste. Die lauen Sommerabendtemperaturen, die geniale Atmosphäre und überhaupt alles.

 

Jedenfalls schlurfte ich erst zurück zum Zelt, als es schon verdammt hell war. Ich krautete gerade über den Campingplatz, als mir jemand meinen Namen hinterherbrüllte. Im Glauben, es handele sich um den Party-Diktator Kalle, legte ich schnell einen Zacken zu, links um einen Van, quer zwischen den Zelten durch, fix unter einem Lkw durchgekrabbelt und der vermeintliche Karl-Heinz war abgehängt! (Später stellte sich heraus, dass es "nur" die Jungs von ABGELEHNT waren! Na, die hätte ich noch mit ein, zwei Pils abgespeist, aber Kalle hätte mir den restlichen Schlaf geraubt...) Allerdings traf mich gleich der nächste Schock, als ich in mein Zelt krabbelte: Ein gar furchtbarer Gestank umfing mich - betäubend, sinnesverwirrend, bestialisch! Als ich fast schon ausgeknockt war, schloss ich messerscharf: Das ist der veritable Chaumes (so'n runder Weichkäse aus'm Supermarkt)! Der war offenbar während der Tageshitze verschieden und zu einem zweiten unheiligen Leben erwacht! Mit letzter Kraft beförderte ich den Unhold ins Vorzelt. Yeah, Philipp versus veritabler Chaumes = Eins zu Null!! So konnte ich in einen traumreichen Schlaf versinken und die Ereignisse der letzten Stunden verarbeiten.

 

TEIL ZWEI COMING SOON!!

 

geschrieben von: Philipp am Montag, 06. Juni 2005, 12:26 Uhr

 

 

Teil II

"Every festival should be like this!"

 

Lou Koller (SICK OF IT ALL) live beim Wilwarin-Gig

 

 

Berichte aus dem Pit

 

Lange währte der Schlummer jedoch nicht gerade, denn der nun hereinbrechende Sonnabend kam mit NOCH HÖHEREN Temperaturen über uns und ließ einen nicht länger als bis 8.30 Uhr im Zelt aushalten. Ganz hartnäckige Camper schafften es vllt. auch bis 9.00 Uhr - dann aber schweißbedingt unter dem Verlust mehrerer Kilo Lebendgewicht.

 

Die Stunden bis zur ersten Band eilten jedoch erfreulicherweise wie im Fluge vorbei, da alle Tätigkeiten wie Zähneputzen, Frühstücken oder U-Buxenwechsel (statt Dusche) gaanz zeitlupig vonstatten gingen.

 

Obwohl ich also außer dieser überschaubaren Liste an Aktivitäten noch nichts weiter auf die Reihe bekommen hatte, verpasste ich den Anfang von OUT OF LIMITS. Von weitem drangen schon begeisterte Jauchzer an meine Ohren. "Was da wohl los sein mag?" wunderte ich mich, war dann um so mehr von den Socken, als ich die vier Nachwuchsrocker auf der Bühne sah: Die waren ja echt erst so neun bis zwölf! Der Drummer war kaum hinterm Set zu erkennen. Aber volle Kanne Punkrock - da jubelten und kreischten die Leute! Der Song endete - der Sänger sagte: "Wir begrüßen Sie auf dem Wilwarin-Festival". Man musste diese Jungs einfach lieben, wie sie begeistert abrockten und sich durch Cover von GREEN DAY ("American Idiot") und eigene Stücke zockten. Der kleene Drummer kloppte rotzefrech und seelenruhig ordentlich rein, so dass Kollege Axel von ABGELEHNT sich fast an seinem Bier verschluckte und beschämt seine Sticks an den Nagel hängen wollte, hä hä. Auch die anderen machten sich ganz rücksichtslos gar keine Gedanken darüber, ob sie gerade die ganze versammelte Muckerschaft in eine Sinnkrise stürzten. Na, ich will auch nicht übertreiben - OUT OF LIMITS sind nun auch keine Wunderkinder, aber sie rockten mit so viel Esprit und Natürlichkeit los, dass es einfach herzergreifend und mitreißend war. Ein Riesenspaß! Dieses Cover von "Äppel wolln wir klaun, ruckzuck übern Zaun, ein jeder aber kann dat nich, er muss aus Hamburch sein" ließ den Mob natürlich vollends ausrasten und unter vermehrtem Jubel mussten die Minipunkers dann etliche Zugaben spielen, bis sie höchst professionell verkündeten: "Wir haben leider einen Mangel auf der Bühne und müssen aufhören!".

 

 

Oha, nun kam es ganz dicke für mich! Nix mehr mit gepflegtem Müßiggang, nun musste gearbeitet werden! Ein paar Wochen vorm Wilwarin hatte mich nämlich die Crew gefragt, ob ich nicht am zweiten Tag die Ansagen auf der großen Bühne übernehmen wolle. Leichtsinnigerweise hatte ich zugesagt, nicht ahnend, dass ich unter Höllentemperaturen jeweils vor den Gigs der Bands ausharren musste, bis der Zeitpunkt gekommen war, auf die Bühne zu wetzen und ein paar mehr oder weniger schlaue Worte zu den Bands zu sagen. Aber es war schon interessant das Festival aus einer ganz neuen Perspektive zu erleben! Etwas komisch fühlte ich mich, wenn ich Bands angesagt habe, die ich eigentlich nicht kannte (und die TRACEELORDS waren dann ja später auch für ein paar unangenehme Überraschungen gut...).

 

Dazu gehörten aber TOTSCHICK nicht, das ist klar. He, TOTSCHICK ist übrigens falsch geschrieben, das muss ich als Freund der gepflegten Rechtschreibung mal bemängeln, denn richtig wäre TODSCHICK! Aber diese Gaardener Punkerschweine haben wohl eh keinen Duden... Erfreulich viele Leute kamen um sich den Gig der Jungs anzusehen. Berechtigterweise, denn sie waren mal wieder klasse! Zeitloser Punkrock mit Pfeffer, verdammt gutem Gesang und einfach dem gewissen eigenständigem Etwas. Mixer Bocki zauberte einen richtig guten Sound und trotz der Hitze tanzten immer mehr Leute. Von den beiden Döner-Tributen zockten sie leider nur das TRIO-Stück, aber immerhin gab es wieder einen Gastauftritt von Till mit der Quietschkommode. Ein früher Höhepunkt des Tages!

 

Leider hatte ich LONESOME GEORGE verpasst, aber die Temperaturen waren mittlerweile wirklich krass. Ich merkte auch, dass es mit Biersaufen so nicht weitergehen konnte, wenn ich SICK OF IT ALL nicht mit "bsss hrrrrrt hiersssin SicKofiTalL hrrmmm" oder so ansagen wollte. Da war erst mal Wässerken angesagt. Zum Glück hatte die Feuerwehr Ellerdorf so einen Schlauch auf die Wiese gelegt, der sein köstlich kühles Nass in die Gegend sprühte. Hunde, Frauen, Kinder, Männer sprangen begeistert rein da! Danke!

 

KULTUR SHOCK - eine vom Balkan stammende "Protest-Gypsy-Core"-Truppe - passten sehr gut ins Selbstverständnis des Festivals, mischten sie doch Folk, Rumba, Jazz, Funk und Punk zu einem wilden und lebensfrohen Etwas. Gleich fiel auf, dass das verdammt gute Musiker sind, die ihre Instrumente sehr präzise bedienten und viel von Dynamik verstehen. Immer wieder woben sie auch russische Folklore ein, dazwischen Geknüppel, Gebrüll, Groove. Das Publikum brauchte eine gewisse Eingewöhnungszeit, aber als ich nach einer Futter-Auszeit wieder aufs Gelände stiefelte, waren doch große Teile der Zuschauerschaft in Bewegung.

 

Ha, die SAMBASTARDS hatten einen mir nicht Unbekannten zum Bandleader und "Dirigenten", stand vor den Trommlern doch der feixende Peter Suchy, der Ex-A.L.D.I.-Trommler! War schon lustig dem Gekloppe der Bande zuzugucken und zu hören, gerade weil Peter eine Grimasse nach der anderen zog und seine Truppe in so einige Taktschweinereien leitete. Ewig konnte ich mir das allerdings nicht geben, das viele Getrommel kann einen auch ganz wuschelig machen.

 

Es war eh Zeit für die Hauptbühne, als nächstes war wieder eine Kieler (bzw. Schönberger) Band angesagt, TEQUILA AND THE SUNRISE GANG. Auch hier wieder eine große Menge an Zuhörern, sehr schön, dass die Leute gerade an den Kieler Bands derart viel Interesse zeigen. Jo, die Band spielte im weitesten Sinne Reggae. Kann ich nicht viel zusagen, war aber sicher gut gemacht, den Leuten gefiel es offenbar sehr und man konnte sich gut dazu in die Sonne fläzen.

 

Danach bekam ich ein paar Lieder von BODO mit, den ich schon mal auf dem letztjährigen Höhnie-Open-Air gesehen hatte. Das ist eine Art Liedermacher mit sehr geilen verschrobenen Texten. So sinnierte er in einem Lied über das Schicksal eines "vertrockneten Froschs auf der Straße" und überzeugte durch seine ungekünstelte Art. BODO kommt aus Schleswig und die vielen Schleswiger kannten die Texte zum Teil richtig gut auswendig und unterstützen den Freak durch inbrünstiges Mitschmettern, während andere wie bei einer Märchenstunde vor BODO auf dem Boden saßen und andächtig lauschten. Ist dieses Jahr auch aufm "Punk am Ring" dabei.

 

Yeah, echt gespannt war ich jetzt auch die ROCKAWAY BEACH BOYS, die ich aufgrund nicht mehr nachzuvollziehender Umstände NOCH NIE live gesehen hatte. Voll geil fand ich ja schon mal, dass die vier nicht auf der großen Bühne spielen wollten und ihre Sache daher kurzerhand DAVOR aufbauten. Vorm Gig gab es kurz 'nen Schnappes und ab ging der RAMONES-Cover-Reigen. Binnen Kürze verschwand die Band hinter einem pogenden Mob und in einer großen Dreckswolke. With Full Force in klein sozusagen. Mann, was hat das für einen Spaß gemacht! Der Sänger war stimmlich ultranah an olle Joey dran, perfekt imitierte man den RAMONES-Style und hängte einen Song an den nächsten, blökte nur kurz ein paar Anzähler ins Mikro. Die wichtigen Security-Typen betrachten das Treiben, als würden sie gerade dem Erstkontakt Menschen - Aliens beiwohnen, griffen aber nicht störend ein. Man surfte, pogte, spritzte mit Bier und grölte mit, bis das essentielle Werk der RAMONES dargeboten war und die Band zugabenlos wieder verschwand.

 

Großes Hallo auch bei SKORBUT am Tresen, die sich nicht nur in Piratenklamotten geworfen hatten, auf die Rock'n'Rolf neidisch gewesen wäre, sondern sich auch ausschließlich maritim-asozialem Liedgut hingaben. Sprich es wurden Seemannslieder verpunkt, was bei DIESEM Publikum natürlich hervorragend ankam. Ick heff mol 'nen Hamburger Fähemaster sehen...

 

Aber weiter, immer weiter. Nun standen die NITROMINDS auf dem Programm, die Band, welche die Platten von den CREETINS und TYPHOON MOTOR DUDES in Brasilien veröffentlicht hat. Begeisterung! Diese Band verband Hardcore und melodiebetonteren Punk auf sehr abwechslungsreiche Art und klang dabei nie zu zahnlos oder gar poppig. Ich hatte schon viel Gutes über die Band gehört, war nun aber doch überrascht, wie vielseitig die Brasilianer klangen. Viel war vom neuesten Longplayer "Start Your Own Revolution", den man sich wohl mal zulegen sollte. Einige Songs gingen auf Anhieb in die Beine und ins Gehör, zum Beispiel blieb mir der Titelsong erwähnten Albums noch lange im Kopp kleben. Der Platz vor der Bühne war zuerst noch nicht so gut gefüllt, da viele wohl erst mal eine Auszeit brauchten, aber nach und nach füllte es sich und irgendwann ging gut der Ratz ab. Ständig trieb der Drummer die Band an, kloppte auf sein Set ein, als hätte er VIER Arme und irgendwann sprang die Energie der Band aufs Publikum über. Die hätten mal direkt vor SICK OF IT ALL spielen sollen, da wäre ihnen noch mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden.

 

Mittlerweile war die Tageshitze geschwunden, aber bei den D-SAILORS (aus Köln?) herrschte trotzdem Sauna-Action. Man könnte von so typischem Fat Wreck-Sound sprechen, aber diese Jungs hatten ordentlich Feuer unterm Arsch und versprühten amtlich Power. Die meisten Songs waren Uptempo-Melodic-Punk-Dinger (habe nur einen Teil sehen können), aber plötzlich wurde sogar mal 'nen Saxophon ausgepackt und einen Gang runtergeschaltet. Wenn ich es richtig mitbekommen habe, waren die auch schon mehrfach mit den NITROMINDS unterwegs und auch schon in Brasilien auf Tour.

 

Eine Mischung aus Punk, Glam und Rock'n'Roll kündigte sich mit den TRACEELORDS an, was ja nicht schlecht sein muss. Der Platz vor der Bühne wurde nun auch zunehmend voller, der Mob war wohl schon heiß auf SICK OF IT ALL. Am Anfang war die Stimmung gar nicht so schlecht, aber das arrogante und dämliche Auftreten des Sängers/Gitarristen schaffte mit der Zeit eine zusehends stärker werdende negative Atmosphäre. Erst leistete er sich "nur" bescheuerte abgelutschte Rockstarsprüche wie "Ich habe hier heute so viele hübsche Mädchen gesehen, die sollen jetzt mal nach vorne kommen", als aber erste Unmutsbekunden laut wurden, reagierte er mit beleidigenden Äußerungen darauf ("Wo ist denn der hässliche Typ, der mir eben den Stinkefinger gezeigt hat?"), was die Anzahl der Stinkefinger natürlich noch erhöhte. Und in die Rubrik "geht GAR NICHT" fielen dann Ansagen wie "der nächste Song handelt vom Vögeln. Ihr könnt dazu tanzen oder euch nachher von mir in den Arsch ficken lassen und 'Mach es mir härter, großer Fickmeister' rufen". Völlig indiskutabel, und langsam geriet die Menge in eine dermaßen krasse Antipathie, wie ich es selten auf 'nem Konzert erlebt habe. Das war schon richtiger Hass. Teer und Federn wurden bereits rangeholt und nicht wenige schrien die Band jetzt in jeder Pause nieder. Selbst eine MOTÖRHEAD-Coverversion von "Ace Of Spades" konnte da nicht mehr viel reißen. Interessant, wie sich eine Band schlechte Stimmung selbst herbeireden kann!

 

Lustig auch, wie viele Gerüchte über SICK OF IT ALL rumgingen. Klar doch, jeder wusste etwas über die Band zu berichten, da er/sie ja "Bekannte" aus der Wilwarin-Crew habe. SOIA hätten abgesagt, SOIA seien da, würden aber nicht spielen wollen, SOIA seien überhaupt Arschlöcher und wären nur am Meckern... Tatsache war, dass der Tourmanager einen straffen Ablauf forderte, weil SOIA am nächsten Morgen um 5.00 Uhr auf dem Flughafen sein mussten (und heute kamen sie direkt aus Madrid). Die Band war aber auf Anhieb vom Wilwarin-Gelände begeistert und als ich kurz vorm Gig mit ihnen schnackte, freuten sie sich darüber, dass es hier keine Absperrung gebe. Später konnte jeder sehen, dass das absolut ehrlich gemeint war, denn wer so locker mit einer ständigen Horde von Stagedivern umgeht, steht wirklich auf intensiven Kontakt mit dem Mob. Und was soll man sagen - der Gig war einfach wieder ein Hammer! Vom ersten Ton an rohe & positive Energie. Die Band war wirklich STÄNDIG in Bewegung und feuerte einen Sack voller HC-Kracher ab. Ich habe sie noch nie schwach gesehen, die geben echt immer 200 %. Nur war das heute irgendwie besonders geil, weil es eben "unser" kleines Wilwarin war, das da gerade nach allen Regeln der Kunst in Grund und Boden gerockt wurde. Ich merkte irgendwann, dass ich echt NUR am Grinsen war. Wegen der unbändigen Spielfreude der Band, wegen der genialen Stimmung, die sich in einem wilden Pit entlud und wegen der wie immer sympathischen Ansagen von Lou. Der zählte Diver aus, die ZWISCHEN zwei Songs von der Bühne hüpften ("What are you doing? You must have music!"), analysierte die Zusammensetzung des Publikums ("This is great! There are no barricades between different people - HC-punks and metalheads or whatever you call yourself stick together - every festival should be like this!") und leitete den Mob zur wohl ersten Wall Of Death in der Geschichte des Wilwarin an. Trotz der vielen Gigs, die SOIA spielen, blieb viel Raum für spontane Dialoge mit dem Publikum und auch die Setlist war eine andere als auf der letzten Tour. So kramte man "Ratpack", "Just Look Around" oder sogar "Locomotive" (Grüße an Gülle und Hannes...) hervor, bis es irgendwann hieß "Sorry, that's all we know". Vor den allerletzten Zugaben hatte der Tourmanager sogar schon mit dem Abbau begonnen, doch SOIA hatten immer noch Bock und scheuchten ihn wieder auf die Bühne, um das rückgängig zu machen, he he. Ja, danach gab es eigentlich Begeisterung allerorten, ich sprach auch mit Leuten, die Hardcore bisher ausschließlich als Bezeichnung für eine gewisse Sorte von Filmen gehalten hatten, nun aber auch vom Spielwitz der Band begeistert waren.

 

Ein schöner Abschluss eines schönen Festivals! Boller musste die Band noch zum Flughafen fahren und beschwor uns, danach noch ordentlich mit ihm zu feiern. Doch bei seiner Rückkehr begrüßte ihn nur lautes Schnarchen - nach 1 - 2 Absacker-Bierchen war allgemeines Schlummern angesagt....

 

Am nächsten Tag gab es allerdings für viele BesucherInnen noch ein unerfreuliches Festivalende: Die Bullen griffen knallhart zu, führten auch bei Leuten, die offensichtlich unter der Promille-Grenze waren, THC-Untersuchungen durch und so einige mussten den Nachhauseweg per pedes antreten oder wurden gleich mit nach Neumünster genommen...

 

Ansonsten: Onward to Wilwarin 2006!

 

 

geschrieben von: Philipp am Montag, 06. Juni 2005, 22:06 Uhr

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